Fehler sind menschlich, … aber …

… es kommt immer darauf an, wer die Fehler macht. Nicht jedem werden Fehler in gleichem Maße verziehen.

Am Wochenende gönne ich mir morgens gerne mal den Luxus, ein paar Seiten zu lesen. Ich bin kein überkritischer Leser. Begegnet mir ein Fehlerchen, sage ich mir im Normalfall, dass so etwas passieren kann. Ich suche auch nicht eifrig nach Logiklöchern oder Schwächen, außer sie springen mir mit voller Wucht ins Gesicht.

Heute Morgen allerdings habe ich mich mal wieder geärgert. Man kann es unschwer erraten, ich habe Rechtschreibfehler in einem Buch entdeckt. Wie gesagt, an sich kein Ding und ich habe mich nicht über den „schlampigen“ Verlag geärgert oder über Lektor / Korrekturleser, obwohl ich mich speziell bei diesem Buch häufiger frage, ob da keiner drübergeguckt hat. Diesmal war es aber etwas derb – zwei extrem offensichtliche Rechtschreibfehler in einem Satz (wenn man „Vorder“ mit „F“ schreibt, ist das schon … naja). Wie gesagt, kein Ding, Menschen machen eben Fehler. Aber …

Was mich dabei ärgert, ist die Tatsache, dass solche Fehler in einem Verlagsbuch klaglos toleriert werden, während man einem Indie dafür den Kopf abreißen würde. Und das muss ich jetzt nichtmal überspitzt darstellen. Ich kenne ein Buch, bei dem zwei oder drei kleine Namensdreher in einer Rezension für einen Abzug von zwei Sternen gesorgt haben und als „ständig!!!!!“ betitelt worden sind. In der Folge haben sie „den kompletten Lesespaß geraubt“. Naja. Also ich weiß nicht, wenn da mal ein falscher Name steht, raubt mir das nun nicht den Lesespaß, aber vielleicht bin ich eben komisch. Und das ist kein Einzelfall. Wäre zum Beispiel mir obiger F-Fehler passiert, wäre ich die Lachnummer des Jahres.

Aber – es steht ein Verlagsname drauf. Es wurde lektoriert, es wurde korrigiert … und deswegen ist alles gut und keiner stört sich daran. Wenn ich nach 20 Korrekturgängen ein Fehlerchen übersehe, weil ich keine Maschine bin, ist das ein Weltuntergang. Beim Verlag ist es eben menschlich.

Speziell in Deutschland ist es recht wichtig, dass überall ein Gütesiegel prangt, das Qualität verspricht. Sonst wird nicht gekauft, basta. An sich kein Ding, kann man verstehen. Allerdings gibt es da schon Unterschiede zwischen einem künstlerischen Werk und einer Packung Würstchen. Bei letzterer kann man die Qualität sicher problemlos feststellen. Bei Ersterem … hm. Da ist es subjektiv.

Dieses berühmte Siegel kann im Falle eines Buches eben der Verlagsname sein oder der Name eines bekannten Autors. Ist das der Fall, ist alles in Ordnung. Dann ist es auch egal, ob es vor Fehlern strotzt oder der Inhalt im Grunde genommen für die Katz ist. Es wurde abgenickt, es MUSS gut sein. Ein Indie dagegen startet immer erstmal mit Vorbehalten ins Rennen. „Den oder die wollte ja keiner“. Dass manche vielleicht gar keinen Versuch unternommen haben, ihr Buch bei einem Verlag unterzubringen oder sich so weit vom gewollten Mainstream bewegen, dass sie trotz guter Werke eben nie eine Chance bekommen hätten, kümmert niemanden.

Es gibt tausend Gründe, warum man sich für diesen Weg entscheidet. Sich nicht verbiegen lassen wollen ist beispielsweise einer davon. Einfach keinen Sinn darin sehen, gegen verschlossene Türen anzurennen, die sich meistens nur für Erfolge aus dem Ausland öffnen, ist ein anderer. Ein Buch muss auf EINEN Menschen treffen, der daran glauben will. Diesen Menschen muss man erstmal finden. Das Gütesiegel bedeutet am Ende also nicht mehr, als dass sich irgendwer für dieses Manuskript eingesetzt hat, weil es IHM persönlich gefallen hat.

Ist deswegen aber alles andere automatisch schlecht? Nur weil schlicht und ergreifend kein Gütesiegel darauf pappt, das aussagt, dass irgendwer die Sache gut fand? Das erschließt sich mir nicht. Es gibt auf beiden Seiten Müll. Eben mit dem Unterschied, dass auf der einen Seite jemand den Müll gut fand und ihn produzieren wollte.

Und es gibt auf beiden Seiten Fehler. Manchmal richtig derb, manchmal nur wenige. Gewertet wird es allerdings auf beiden Seiten komplett unterschiedlich. Was im Verlagsbuch keinen kratzt, wird bei einem Indie zu einem Desaster hochstilisiert und in den höchsten Tönen verdammt.

Es ist einfach schade. Wie immer spreche ich hier nicht von kompletten Ausfällen. Die verschweigt ja keiner, die gibt es. In Massen. Aber leider sieht man auch sehr oft, was schon ab drei winzigen Fehlerchen aus einem Buch gemacht wird. Und diese drei winzigen Fehlerchen kommen fast in jedem Buch vor. Mit oder ohne Siegel. Siehe … das F. 😉