Geschichten im Wandel der Zeit

Bücher verändern sich mit der eigenen Persönlichkeit. Das ist eine Tatsache. Wenn ich mir heute Lukrezia ansehe, merke ich durchaus, dass ich zum Zeitpunkt des Schreibens erst 23 Jahre alt war. Damit meine ich nicht, dass es dadurch weniger wert ist, aber es ist ein wenig leichter und sorgloser, als ich es wohl heute schreiben würde. Damals stand einfach die Freude am Schreiben im Vordergrund. Ich habe mir keine Gedanken gemacht, ob das Ganze bei einem größeren Publikum ankommt. Ich habe einfach diese Geschichte so geschrieben, wie sie mir richtig erschienen ist und mich gefreut, wenn von den Mitlesern positive Reaktionen gekommen sind.

Heute ist vieles ein wenig anders. Ich merke, dass ich allgemein unsicherer bin. Dieses Selbstbewusstsein von früher ist nicht mehr in der gleichen Form vorhanden. Natürlich – ich habe Kritik um die Ohren bekommen und bin generell älter und nachdenklicher, habe in meinem eigenen Leben vieles erlebt, was nicht immer positiv und schön war. Und das schlägt sich auch in meinen Texten nieder.

Wenn man die vorhandenen Kapitel von Lukrezia 2 ansieht, merkt man, dass sich die Dinge schon damals geändert haben. 2004 habe ich damit angefangen und kurz vorher ist eine mehrjährige Beziehung auf eher hässliche Weise in die Brüche gegangen. Entsprechend ist der Unterton ernster. Es gibt auch Probleme zwischen Lukrezia und Andrea Luca, die nicht mehr allein auf diesem: „Wir wollen zusammen sein und dürfen es nicht“ basieren. Jetzt haben sie ihre ersehnte Beziehung und müssen nicht mehr nur mit den äußerlichen Widrigkeiten klarkommen, sondern auch miteinander. Da ist nicht mehr viel mit: „Hach, mein Retter auf dem schwarzen Pferd, nimm mich mit.“ Da gibt es auch mal: „Mann, Deine Macken gehen mir auf den Keks!“

Und auch jetzt merke ich das mal wieder überdeutlich. Der Feenspiegel ist an sich wesentlich ruhiger als Lukrezias abenteuerliche Reise. Natürlich passiert immer irgendetwas, aber von wilden Entführungen, Sklavenmärkten und Piraten kann keine Rede sein. Und dann überlegt man sich, ob man den Leser auch mit dieser Geschichte fesseln kann, die sicherlich ein wenig düsterer ist. Es geht um dunkle Familiengeheimnisse und das Leben eines halbmenschlichen Wesens, das in keine Welt gehört und das nirgends wirklich willkommen ist. Noch dazu um einen männlichen Protagonisten, der seine eigene Dunkelheit mit sich herumschleppt und sicherlich nicht auf fremde Balkone klettert, um wilde Duelle auszufechten. Übermäßig charmant und gesellschaftlich gewandt ist er auch nicht. Der Grundton ist allgemein wesentlich ernster und das bezieht sich auch auf die Nebencharaktere, bei denen Stolz, Rachsucht und Grausamkeit an der Tagesordnung sind. Die Welt der Feen ist kein netter, romantischer Flecken, der zu einem kleinen Urlaub einlädt. Ganz im Gegenteil.

Natürlich ist das einerseits gut. Ich will ja nun beileibe nicht immer das Gleiche schreiben und ebenso wie schwingende Kronleuchter und venezianische Masken, ist auch die gute, alte Schauer-Romantik mein Ding. Trotzdem lässt es immer wieder Zweifel aufkommen und dann blättere ich durch die vorhandenen Seiten und überlege, ob das Ganze auch auf diese Weise ankommen wird.

Allerdings – auch das ist mir klar geworden: Kein Testleser dieser Welt könnte mir in dieser Sache weiterhelfen. Die Geschichte kommt so raus, wie sie eben rauskommt und ich könnte sie nicht wegen einer anderen Meinung komplett über den Haufen werfen. Eher würde ich sie ganz aufgeben. Und das wiederum macht auch keinen Sinn und das will ich ohnehin nicht. Also hilft da wohl nur, Augen zu und durch. Mit allen Zweifeln und Unsicherheiten, die es gratis dazugibt.