Neue Ufer

Manchmal sollte man die Dinge nicht ewig herausschieben. Freitagabend hat es mich dann doch genug gebeutelt, dass ich mich hingesetzt und ein frisches Kapitel angefangen habe. Einfach, um das weiße Blatt zu überwinden und zumindest eine Basis zu haben. Also Netbook raus, Papyrus an, Augen zu und durch.

Allzu viel ist das gerade noch nicht. Es sind keine 1 ½ Seiten, aber zumindest ist ein Einstieg vorhanden, auf dem man aufbauen kann. Und das ist alles, was ich für’s Erste gewollt habe.

Ich muss mich erstmal in dieses frische Szenario einfühlen. Und natürlich in die Charaktere. Das ist schwierig und sperrig. Allerdings erinnere ich mich daran, dass mich das erste Kapitel von Feenblut genauso gequält hat. So sehr, dass ich damals nahe dran war, die Geschichte aufzugeben. Das lässt mich die Zähne zusammenbeißen und nährt die Hoffnung, dass sich mit der Zeit alles zusammenfügen wird. Am Anfang ist eben alles fremd und neu. Man hat noch keinen richtigen Bezug zu seinen Charakteren. Obwohl Rhydan mir nicht fremd ist, muss ich seine Stimme erst noch finden.

Als Hauptcharakter ist ein König nicht eben die dankbarste Figur. Ein Charakter, der so mächtig ist, in Rhydans Fall auch so stark, braucht einige Makel und Problemchen, damit er Sympathien erzeugen kann. Also muss er Schwächen haben, etwas, das die Leser dazu bringt, sich mit ihm anzufreunden und ihn als jemanden zu akzeptieren, an dessen Schicksal man Anteil nehmen kann. Es gibt wohl nichts Schlimmeres als einen supermächtigen, makellosen Charakter ohne jeden Fehler, der alles im Handumdrehen richten kann. Also braucht es ein schwieriges Umfeld und eine Familiengeschichte, die Nähe zu ihm erzeugt.

Auch Neah als weibliche Figur bereitet mir gerade noch Probleme. Ich habe in den letzten Tagen deutlich gemerkt, dass mir allzu junge, naive Protagonistinnen nicht liegen. Das junge Mädchen, das arglos in ein Abenteuer stolpert, ist irgendwie nicht (oder nicht mehr) meins. Das habe ich mal wieder deutlich beim Lesen gemerkt und ein Buch dieser Art beiseite legen müssen. Ich kann damit einfach nichts anfangen. Also wird auch dieser Charakter nicht in eine solche Richtung gehen. Würde ich mir das jetzt aufzwingen, käme nichts dabei raus, obwohl Neah zunächst etwas „jünger“ angelegt war. Aber mal ehrlich, ein praktisch unsterblicher König, der einige Jahrhunderte und einen großen Krieg hinter sich hat, kann sicherlich nichts mit einem solchen weiblichen Gegenstück anfangen. Also ist auch da noch der Findungsprozess in vollem Gange.

Alles in allem ist die Geburt eines neuen Romans nicht einfach. Dazu kommen Zweifel. Ist es mir möglich, eine dichte Stimmung damit zu erzeugen? Kann ich hier wieder etwas aufbauen, das den Leser mitfiebern lässt? Dazu kommt Angst. Es darf den Charakteren aus Feenblut nicht zu sehr ähneln. Im Grunde überhaupt nicht. Aber werden diese Charaktere Akzeptanz finden?

Die Geschichte von Ben und Viola hat sehr stark von diesem kleinen Problemchen zwischen den beiden gelebt, das ihr Zusammenkommen unmöglich gemacht hat. So etwas kann man einfach nicht wiederholen. Das hat man einmal und danach nie wieder. Also braucht es neue Wege. Und das ist absolut nicht einfach. Daran werde ich noch eine ganze Weile zu knabbern haben …